Von Johannes Zink

Die neue künstlerische Leitung von Concerto Köln - Teil 1

Interview mit Alexander Scherf - Künstlerischer Leiter 2018-2024

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27. Januar 2025
Autor:Innnen: Johannes Zink

Interview mit Alexander Scherf, dem künstlerischen Leiter des Alte-Musik-Ensembles Concerto Köln von 2018-2024. Dies ist Teil 1 eines zweiteiligen Interviews. Das zweite Interview mit der neuen Künstlerischen Leiterin Hannah Freienstein folgt in Kürze.

Johannes Zink: Wenn Sie den Begriff künstlerische Leitung definieren müssten, wie würde das aussehen?
Alexander Scherf: Der Begriff ist ein bisschen irreführend, viele denken da an einen Dirigenten. Und bei Concerto Köln ist ja der Dirigent gar nicht vorgesehen, das ist ja eine viel spätere musikgeschichtliche Erfindung. Die künstlerische Leitung ist eine ganz vielfältige Aufgabe: dramaturgische Dinge, Programme konzipieren, Themenschwerpunkte setzen, Solisten auswählen, den musikwissenschaftlichen Fokus setzen, das Repertoire festlegen, kurz: Concerto Köln als Originalklangorchester definieren. Und da ist die künstlerische Leitung die Schaltstelle. Man braucht jemanden, der konzeptionell und kreativ „out of the box“ denkt. Wir sind ja nicht in einem großen Haus oder einem Theaterbetrieb, wo es für jedes Gewerk eine Position gibt. Und das Wichtige ist bei der Position unserer künstlerischen Leitung, dass sie mitten aus dem Orchester kommt. Wir haben keinen Dramaturgen oder einen Intendanten von außerhalb, alle Ideen kommen aus dem Ensemble. Deswegen ist es die Aufgabe, diese Impulse zu sammeln und zu kanalisieren.

JZ: Spiegelt sich da nicht diese studentische Gründungsidee aus den 80er Jahren?
AS: Ja, dieser Pioniergeist ist für mich ganz wichtig. Es ist natürlich auch ein politisches Anliegen, dass man demokratische Strukturen hochhält und praktiziert, obwohl sie mit sehr viel mehr Arbeit und Diskussionen verbunden sind, als hierarchisierte Strukturen. Aber das macht ja auch den Geist von Concerto Köln aus. Diese politisch-soziologischen Aspekte kann man nicht vom künstlerischen trennen. Man hört auf der Bühne, wenn jeder sich verantwortlich fühlt. Das ist gelebte Basisdemokratie.

JZ: Wie reagiert das Orchester darauf, wenn jemand diese Sonderposition als künstlerischer Leiter einnimmt?
AS: Alle wichtigen Entscheidungen werden nach wie vor im Plenum getroffen, zum Beispiel ob man jetzt mit diesem oder jenem Dirigenten weiterhin zusammenarbeiten möchte oder nicht. Auch das Wagner-Projekt hat nicht einer allein entschieden. Wir wollen in die romantische Aufführungspraxis weiter reingehen. Dabei ist der künstlerische Leiter nicht in der alleinigen Entscheiderposition. Aber nach außen ist er natürlich das Gesicht des Ensembles.

JZ: Sie haben künstlerische die Leitung 2018 übernommen. Mit welchen Gedanken sind Sie damals an diese Aufgabe herangegangen?
AS: Ich spiele bei Concerto Köln seit 25 Jahren. Ich habe mich dann an diese Aufgabe angenähert, auch über die Education-Arbeit, und mich konzeptionell interessiert und engagiert. Und dann hab ich mich natürlich gefreut, Verantwortung übernehmen und eine Handschrift hinterlassen zu können.

JZ: Warum haben Sie die Position dann am 1. November 2024 überhaupt an Hannah Freienstein abgegeben?
AS: Das sind rein private Gründe. Eine Familie mit vier kleinen Kindern ist eine große Lebensaufgabe. Da muss man hinsichtlich seiner Kapazitäten auch ehrlich sein und seine Grenzen kennen. Aber es ist eine reizvolle Tätigkeit, die ich auch gerne weitergemacht hätte. Aber das Orchester braucht natürlich sehr viel Energie. Wir wissen alle, in welchen schwierigen kulturpolitischen Zeiten wir leben. Davon darf man sich nicht verunsichern lassen. Wir müssen unseren Stil weitermachen, das hochhalten, was wir tun. Aber man ist dauernd in Rechtfertigungszwängen, wenn man sich auf dem politischen Parkett bewegt.

JZ: Wenn Sie in der Rückschau auf diese sechs Jahre zurückblicken, was kommen Ihnen da spontan für Highlights in den Sinn? Wo haben Sie in der Arbeit des Orchesters Ihren Fingerabdruck hinterlassen?
AS: Zu nennen ist natürlich das Wagner-Projekt mit Kent Nagano, die erste historisch informierte Aufführung des gesamten Rings. Das Rheingold haben wir ja als alleinige Concerto-Köln-Produktion gemacht, jetzt die Walküre dieses Jahr. Das hat schon international Aufsehen erregt. Mich freut sehr, dass wir mit Evgenij Sviridov einen exzellenten jungen Konzertmeister haben. Überhaupt sind wir in der glücklichen Situation, dass wir sehr gute Geiger gerade haben: Shunsuke Sato, mit dem wir das legendäre „Vier Jahreszeiten“-Album gemacht haben, Mayumi Hirasaki, die für das Pisendel-Album einen Opus Klassik bekommen hat. Den gab es auch fürs Programm „Mirrors“ zusammen mit der Sopranistin Jeanine De Bique. Das war alles sehr erfolgreich. Aber besonders stolz bin ich auch darauf, dass wir es geschafft haben, eine jüngere Generation von Spielern in den inneren Kern des Ensembles zu holen. Dieser Generationswechsel ist immer ein sehr heikles Thema, gerade bei den nicht-subventionierten Orchestern. Denn es ist ja auch eine Frage, wie man den Klang des Orchesters schützen kann. Da haben wir jetzt eine super Stimmung gerade zwischen den Gründungsmitgliedern und denen der zweiten, dritten Generation.

JZ: Sie haben das Orchester durch die Corona-Zeit manövriert, eine der vermutlich schwierigsten Perioden seiner Existenz. Wie empfindlich ist ein solches Gebilde wie Concerto Köln gegenüber einer so völlig unvorhersehbaren Situation?
AS: Sehr empfindlich! Das haben wir da gespürt. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir wirtschaftlich aus der Krise heil rausgekommen sind, weil wir natürlich nicht fest angestellt sind. Aber zum Glück sind wir alle beieinandergeblieben. Wir haben ja nach wie vor keine feste institutionelle Förderung, sondern Projektmittel von Stadt und Land, die wir nur speziell jedes Jahr abrufen oder beantragen. Das ist nichts, worauf wir uns wirklich verlassen können. Auch wenn wir jetzt zusätzlich eine GmbH gegründet haben, um die Haftung so zu minimieren - nach wie vor tragen wir das Risiko.

JZ: Wo würden Sie das Orchester nach den nächsten 10 Jahren gerne sehen?
AS: Ich mache das Autoradio an, es kommt irgendeine Musik, ich habe die Ansage nicht gehört - und weiß sofort: das ist Concerto Köln. Auch wenn ich nicht selber mitgespielt habe. Das merkt man, das spürt man, und das soll so bleiben. Egal ob es um barocke Orchideen-Komponisten geht, oder um neue Wege in der romantischen Aufführungspraxis.

JZ: Gibt es irgendwelche bisher noch nicht erschlossenen Repertoire-Felder, die Sie gerne bearbeitet sehen würden?
AS: Unser musikalisches Kernthema wird hochbarock bleiben. Aber auch da gibt es immer noch unerforschte Sachen. Hanna Freienstein arbeitet gerade an einem Programm zu den Schülern und den Auswirkungen von Arcangelo Corelli. Da sind etliche Namen dabei, die man noch nie gehört hat. Auch an die Erkenntnisse des Wagner-Projekts könnte man anknüpfen, mit kleiner besetzter Romantik, zum Beispiel Streicherserenaden.

JZ: Wie sehen Ihre Pläne für die Zeit nach der künstlerischen Leitung von Concerto Köln aus? Rückkehr zur „normalen“ Orchesterarbeit, wie Ihr Vorgänger Lorenzo Alpert es gemacht hat?
AS: Ich werde weiterhin spielen, natürlich, sehr, sehr gerne. Das ist ja auch das, was ich eigentlich machen will: Auf der Bühne sein und mit meinen Kollegen spielen. Mir geht es um das Ensemble und darum, diesen Geist zu leben.

JZ: Erzählen Sie uns etwas über Ihre Nachfolgerin Hannah Freienstein?
AS: Sie ist eine absolute Powerfrau. Sie sprüht über vor Ideen, denkt sehr kreativ, auch in Richtung Konzertdesign. Was ja eine brennende Frage ist: wie bringen wir überhaupt das klassische Konzert an den Zuhörer und die Zuhörerin? Dass Menschen sich eine Karte kaufen und sich zwei Stunden lang still hinsetzen ist ja nicht mehr der Normalfall. Da muss man attraktive Formate finden, ohne eine künstlerischen Inhalte und Prinzipien zu verraten. Hannah arbeitet zum Beispiel an einem Crossover-Projekt in Zusammenarbeit mit den Duisburger Philharmonikern, das wird Streetwork sein in Duisburg-Marxloh. Ich verrate mal noch nicht zu viel, da darf man gespannt drauf sein.

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